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Samstag, 16. Dezember 2017

Sammys wauschönes Weihnachtsabenteuer - Kapitel 14



14. Im Auge der Dunkelheit 



"Es gibt viele Welten. Welten, in denen Wesen leben, von denen niemals jemand zuvor hörte. Wesen, die voller Leben und Magie sind, aber auch einfache, schlichte Wesen. Manche sind friedvoll, andere kriegerisch. Die Zwerge zum Beispiel sind ein gutmütiges, einfaches Volk, hilfsbereit aber auch mit einer finsteren Seite. Sie waren einst eine kämpferische Rasse, die sich um nichts auf der Welt etwas hätte vorschreiben lassen. Sie waren habgierig und wollten mehr und mehr. Da es für sie ihr gängiger Alltag war, waren sie sich nicht bewusst, das sie eine düstere Seite besaßen. Und wie die Zwerge einst waren, so gibt es noch immer in einigen Welten Wesen, die nichts von ihrer dunklen Seite wissen - oder sie einfach verdrängen.
Die Finsternis bahnte sich vor Urzeiten einen Weg durch all diese Welten: je dunkler die Seite in den Wesen, umso leichter konnte sie deren Heimat verschlingen. Die Unfähigkeit, wahre Freude zu schenken oder zu empfinden, ebnete ihr den Weg und bot ihr ständig neue Nahrung. Je oberflächlicher die Wesen wurden - oder sind -, je mehr sie besitzen wollten, je weniger sie miteinander teilten, umso stärker wurde die Finsternis.
Eines Tages war sie so mächtig, das sie viele Welten auf einen Schlag verschlingen konnte, ohne sich noch groß anstrengen zu müssen: sie fiel über die Welten her, fraß alles Gute, das es dort noch in den Wesen gab, das irgendwo noch als Funke zu finden war, und ließ verbitterte, hoffnungslose und hilflose Geschöpfe zurück, die ihr gerade so entkommen konnten."
"Wie gelang es ihnen?" fragte Sammy nachdenklich.
"Es ist die Liebe, die tief in manchen Lebewesen verwurzelt ist. Manche haben es nicht geschafft, bei andern jedoch schienen Liebe und Hoffnung so nachhaltig zu klingen, das die Finsternis keine Kraft hatte sie zu verzehren."
"Hast du dich damals versteckt?"
Emmy schüttelte traurig den Kopf.
"Nein, ich habe mich nicht versteckt, Sammy. Ich habe mir gewünscht, sie würde mich mit sich reißen. Ich wollte nicht alleine sein. Ich hatte furchtbare Angst vor der Einsamkeit."
"Das ist schlimm," sagte Sammy traurig. "Das ist so schrecklich traurig. So... so hoffnungslos..."
Emmy nickte.
"Ja, das war es. Ich war der letzte Drachen. Alle, die ich liebte, waren einfach fort. Mein ganzes Leben war nichts mehr wert. Und so erging es allen, die sich hier als Erste eingefunden haben: sie alle waren völlig ohne Hoffnung. Das war es, was sie zu den Auserwählten machte. Weißt du, Sammy, im Leben eines jeden Wesens gibt es Momente, in denen man glaubt, man wäre verloren. Man wolle nicht mehr leben. Doch tief im Herzen glimmt ein Funke Hoffnung, an dem man sich festhalten kann, auch wenn man es in diesem Moment nicht spürt. So keimt und wächst er doch mit der Zeit, und ein neues Leben voller Freude und Glück erwartet einen."
Sie seufzte schwer.
"Doch wir alle, die wir uns hier zu Anbeginn der Weihnachtswelt einfanden, waren vollends ohne Hoffnung. Verloren, einsam, aus dem Leben gerissen. Doch als wir uns zusammentaten, als wir sahen, das wir nicht alleine waren in unserem Schmerz und Leid, entfachte ein Zauber den Funken der Hoffnung in unseren Herzen. Dies gab uns die Kraft, diese Welt zu dem zu machen, was sie nun ist: ein Ort der Glückseligkeit und Liebe."
Sammy blickte in Emmys gütiges Gesicht. Ihre Augen waren voller Liebe, wenn auch schwer vor Schmerz um die Vergangenheit. Dann sah er hinauf zu den Sternen, die ihr wärmendes Licht auf sie herabschickten.
"Ich habe hier eine Familie gefunden, von der ich niemals gedacht hätte, das es sie gibt. Alle sind wir verschieden - und doch so gleich."
Sammy nickte, denn er verstand genau, was Emmy empfand.
"Es sind nicht die Unterschiede, Sammy, die uns trennen, sondern die Gemeinsamkeiten, die uns einen. Wer dies versteht, wird sich niemals vor dem Auge der Finsternis verbergen müssen. Denn sie hat keinen Boden, auf dem sie ihre Zwietracht und Habgier säen kann."
Sammy war ergriffen, und er sah Emmy mit innigem Blick in die Augen. Dann lächelte er, wedelte mit dem Schwanz und umarmte das weiche Wesen, das ihm mit so viel Weisheit begegnet war.
"Es ist wunderschön bei dir, Emmy, ich danke dir dafür!" sagte er sanft.
Emmy erwiderte seinen Blick, aufrichtig und liebenswürdig.
"Nun wollen wir noch ein wenig laufen, was meinst du? Ich könnte mir ein wenig die Flügel vertreten," sagte Emmy und reckte sich. Sie wuchs wieder in die Höhe, die Arme wurden kürzer, die Beine länger, und auf dem langen Körper bildeten sich zwei riesige Flügel, die Sammy noch gar nicht aufgefallen waren.
"Fliegen?"
Emmy lachte glockenrein.
"Allerdings! Ich zeige dir ein paar meiner Nester, wenn du möchtest."
Sammy nickte begeistert.
"Aber wie soll ich... ?" fragte er.
"Wir holen noch Urwi und Niki, sie nehmen dich im Schlitten mit, und ich werde neben euch herfliegen, damit ich dir noch dies und das erklären kann. Na, wie wär's?"

Sie liefen zurück zu Emmys Nest in der Nähe des blühenden Gartentors, das sie zu ihrem Hauptbett erklärt hatte. Niki und Urwi waren allerdings nicht mehr hier.
"Huch, wo sie wohl stecken?" fragte Emmy. "Es ist ja nicht so, als würden wir uns nicht jeden Tag sehen." Sie zwinkerte Sammy seicht lachend zu.
Sammy kicherte.
"Sie sind weiter nach hier gegangen," war ein winziges Stimmchen zu vernehmen. Sammy ruckte herum und sah eine Luxi plötzlich vor sich auftauchen. Es war, als sei sie von einem der Bäume gehüpft, damit er sie hören konnte. Sie deutete mit ihren Blättern in eine Richtung, die zu einem Teich führte, der in strahlenden, goldenen Schein getaucht war.
"Aha, da danke ich dir. Begleite uns doch, liebe Bibi," sagte Emmy. Das Pflanzenwesen sprang auf Emmys ausgestreckte Hand und ließ sich auf ihrer Schulter nieder. Sammy wedelte erfreut, als er Bibi erkannte, auf die er vor dem Tor zum Garten getroffen war.
Als sie am Teich ankamen, saßen Niki und Urwi in einem harmonischen Kreis mit vielen Luxis beieinander und unterhielten sich.
"Hier seid ihr also," sagte Emmy lachend. "Wir haben euch gesucht, denn ich möchte mit Sammy doch gerne einen kleinen Ausflug unterhehmen. Und natürlich möchte ich, das ihr uns begleitet. Immerhin ist er nun mehr an Schlittenfahrten gewöhnt, als auf einem Drachen zu reiten." Dabei zwinkerte sie in die Runde, und alle grinsten.
Urwi erhob sich und half Niki, auf die Beine zu kommen. Mit einem Ächzen - das Sammy schon einige Male bei dem Besuch in seinem Haus hatte vernehmen können - erhob sich der massige Mann, und rief: "Also, auf geht's! Wo ist der nächste Schlitten?"
"Darf ich denn auch mitkommen?" piepste Bibi.
"Oh ja, bitte!" wedelte Sammy freudig.
"Aber natürlich," sagten Emmy und Niki im Chor.

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