Labels (Schlagworte/Tags)

Mittwoch, 20. Dezember 2017

Sammys wauschönes Weihnachtsabenteuer - Kapitel 17



17. Der Raum der Hoffnung 



Sie hielten Einkehr im Printendorf. Hier gab es ein Restaurant, das rund um die Uhr geöffnet hatte.
"Ein Verwandter von Kalle," flüsterte Urwi Sammy ins Ohr. Sammy nickte, denn er wusste ja jetzt, wie die Printen miteinander verwandt waren. "Ein Blauknopf also," flüsterte Sammy zurück, und Urwi nickte. Sie wurden von einem dunkelbraunen Printenmännchen begrüßt, das sich eine rotgemusterte Schürze umgebunden hatte und schon so einige Zuckerguss-Stellen aufwies.
"Ich freue mich, euch hier heute begrüßen zu dürfen!" sagte der Printenmann stürmisch und erkundigte sich direkt nach Sammy, den er ein wenig argwöhnisch beäugte. "Ich hoffe sehr, du magst nichts Süßes?!" fragte er ihn.
Sammy lächelte und schüttelte den Kopf: "Aber nein, Wurst ist mir lieber - oder ein leckerer Knochen!"
Der Printenmann atmete sichtlich erleichtert auf. Er stellte sich als Matti vor, einer der "alten Blauknöpfe". Er geleitete sie zu einem großen Tisch, an dem sie Platz nahmen, und nahm ihre Bestellungen auf. Bis auf Sammy wollten die anderen natürlich etwas Süßes: Pfannkuchen und fruchtige Törtchen, viel Honig und Schokolade, und am besten auch etwas mit Käse und Rosinen. Nach ihrem ausgiebigen Mahl rief Urwi Matti nochmal zu sich an den Tisch. Er beugte sich zu dessen Ohr, und Sammy hörte ihn murmeln:
"Mein lieber Freund hier hat ein wenig Zimt im goldenen Beutel gefunden. Du weißt nicht zufällig, von wem er stammen könnte?" und sah Matti mahnend an. Dieser sah betreten auf seine Füße, die in karierten Schluppen steckten. Nach einer Weile sagte er, ein wenig rot anlaufend, in die Runde:
"Es tut mir leid, ich muss gestehen, das ich einfach nicht die Hände vom Schlitten lassen konnte. Es hat mich einfach zu sehr gereizt. Doch da ich die Dosierung nicht hinbekam, endete die Fahrt schon auf dem Hof. Ich habe den Schlitten dann in die Garage zurückgeschoben und gehofft, das es niemand merkt."
Mit reuigem Blick sah er alle nacheinander an. Niki lachte, und auch Urwi hielt sich wieder den Bart.
"Das nächste Mal," sagte Urwi, Matti zwinkernd angrinsend, "fragt mich doch, und ich nehme dich mit!"

Sie grüßten sich zum Abschied, und Urwi stemmte die Hände in die Hüften:
"Ich werde dann jetzt nochmal eine letzte, kurze Fahrt unternehmen, damit für heute nacht alles bereit ist."
"... und Sammy wird mich begleiten," sagte Niki. Er kraulte Sammys Kopf, der sich an sein Bein schmiegte.
Urwi winkte den beiden, als sie zum Schlitten liefen, und sah sich nach einem anderen Schlitten um. Man durfte die Gefährte ausleihen, wenn man wollte, und sie einfach auf einem anderen Parkplatz wieder abstellen. Jeder konnte herumreisen wie es ihm gefiel, und Sammy fand das eine gute Sache.
Er saß neben Niki, der den Schlitten schnell, aber ruhig dahingleiten ließ. Sie schwebten nur einige Zentimeter über dem Boden, und Sammy gefiel die rasante Fahrt. Der Wind kitzelte wieder in seiner Nase, und er wauzte fröhlich.
Vor einem großen, mit blauem Dach versehenen Gebäude im Weihnachtsdorf machten sie Halt. Überall liefen Wichtel herum, hektisch nicht, aber doch geschäftig, und hielten auch nicht inne, als Niki aus dem Schlitten stieg.
"Nun folge mir, Sammy," sagte er. "Ich möchte dir den Raum der Hoffnung zeigen."
Sammys Spannung stieg. Das klang mehr als interessant, und er wollte unbedingt wissen, was sich dahinter verbarg! Ein wenig nervös nun folgte er Niki, der einen erstaunlich raschen Schritt an den Tag legte. So schnell hatte er ihn bisher noch nie laufen sehen, und Sammy musste schmunzeln. Sie stiegen eine breite Treppe hinauf, die eine seltsame Kälte verströmte. "Die Eistreppe," erklärte Niki, als er Sammys Blick wahrnahm. "Wenn es dir zu kalt ist, gebe ich dir gerne eine Decke, damit du nicht frieren musst."
"Das wäre schön," sagte Sammy. Normalerweise machte ihm Kälte nichts aus, aber die Temperatur sank beständig, je weiter sie die hohe Treppe erklommen. Alles wirkte hier drin, als wäre es aus purem Eis. Klar und glänzend war alles hier, auch der Boden und die Wände. Fenster gab es keine, doch es war sehr hell. Dabei konnte er gar keine Luxis ausmachen.
"Wo sind die Luxis?" wollte er wissen.
"Es ist ihnen hier zu kalt, sie mögen es lieber etwas wärmer. Oder jedenfalls nicht so kalt." Niki lachte zwinkernd.
Sie bogen zur linken Seite ab, als sie das Ende der Stiege erreichten, und Niki führte seinen Freund in einen hohen, langen Raum. Auf einer Seite des Raumes war ein ausladender Schreibtisch zu finden, auf dem allerlei Papiere, Bücher, ein Fernglas und auch eine große Lupe zu finden waren. Die Wand hinter dem Schreibtisch war mit Bücherschränken zugestellt. Zur anderen Seite des Raumes standen nur zwei Schränke, immens groß, von denen einer ein Bücherschrank war, und der andere aussah wie ein -
"Mein Kleiderschrank," sagte Niki. "Hier ziehe ich mich um, ehe ich zu meiner großen Fahrt aufbreche!"
Mit einem Ruck zog er eine der Türen auf, und Sammy sah die herrlichsten Kleider: dunkelblaue, mit weißem Flaum versehene Anzüge, Mäntel und Mützen, glänzend polierte, dunkle Stiefel und auch ein paar Schals und Handschuhe.
"Auch ich friere, wenn ich in so luftiger Höhe unterwegs bin," lachte Niki. Er zupfte aus einer Ablage eine kuschelige Decke heraus, in die er Sammy wickelte. Augenblicklich spürte Sammy die wohlige Wärme der Decke, als bestünde sie aus purer Behaglichkeit. Die Kälte war gewichen, und er fühlte sich richtig wohl. Niki griff einen Anzug heraus, den er Sammy zeigte.
"Das ist mein Arbeitsanzug, wenn man so will," lachte er. "Es ist der einzige Weihnachtsanzug, und er wird es immer bleiben. Wie du sehen kannst, sind die Außennähte dick wie Kordeln. Das kommt daher, das mein Anzug schon viel erlebt hat, und ich bestehe darauf, das er ausgebessert wird, denn ein neuer kommt gar nicht in Frage."
Der Anzug war aus dunkelblauem, weichem Stoff, doch die Nähte - tatsächlich sehr dick, wie Seile fast - waren hellblau und glitzerten leicht.
"Wunderschön," sagte Sammy lächelnd. "Ich dachte nur immer, du hättest einen roten Anzug."
"Sicher," sagte Niki mit strengem Blick, "das denken wohl die meisten. Meine Farbe war immer das Blau, denn mit einem roten Anzug, hoch oben am Himmel, mitten in der Nacht und zudem auf einem Schlitten reisend - wäre das nicht ein wenig sehr auffällig?" Er zwinkerte Sammy gut gelaunt zu.
Niki verschwand in einer Tür, die zwischen den Schränken versteckt lag. Sammy bestaunte die Bücher, die sich im Bücherschrank und auf dem Schreibtisch auftürmten. Alte Bücher, dick und mit speckigen Einbänden. Fast alle hatten goldene Titel, wie zum Beispiel: 'Verzierungen für Schlitten', 'Entspannen zwischen den Jahren - Ein Selbsthilfebuch für Wichtel' oder 'Gestaltungsmöglichkeiten für's Büro'. Zwischen all den Schwarten lagen verstreut einige Zeitschriften: 'Innenausstattung leicht gemacht', 'Dekorieren in kleinem Stil', 'Modische Tipps für Wichtel und die, die es werden wollen' und einige Zeitschriften mit Backrezepten und Kochempfehlungen der Saison. Als Niki in sein Büro zurückkehrte, war er in seinen prachtvollen Anzug gekleidet, mit schickem Mantel und einer glitzernden Mütze mit dickem Bommel. Er schloss den Mantel und zog sich einen breiten Gürtel um.
"So, dann wollen wir mal!" klatschte er in die Hände und zuppelte sich seine Mütze noch zurecht.

Sie bogen, von der Tür hinter Nikis Schreibtisch, die ebenfalls zwischen Schränken verborgen lag, auf einen schmalen Flur ein. Am Ende des Ganges befand sich wiederum eine Tür, allerdings eine recht kleine, enge Tür, durch die Niki nur knapp hindurchpasste. Den Kopf musste er ein wenig einziehen. Ehe sie den Raum betraten, schloss Niki die Tür gewissenhaft ab.
"Hier darf niemand einfach so herein," sagte er, bestätigend nickend.
Nun wandten sie sich dem Raum zu, in dem sich nichts befand. Er war in blau-silbriges Licht getaucht, das von einem Schein in der Mitte ausging. Der Schimmer war wie eine neblige Kugel, und das Glitzern und Funkeln schien sich zu bewegen, ganz seicht nur. Die Wände, der Boden, die Decke schienen ineinander überzugehen. Das Nachtblau war kaum auszumachen, alles verlor sich in der Dunkelheit. Um den wabernden Nebel herum befand sich ein kreisförmiges Geländer. Niki trat heran, stützte sich mit den Händen auf, und bat Sammy, sich neben in zu stellen.
"Dies ist der Raum der Hoffnung," begann Niki andächtig. "Vor Heiligabend ist mir ein Blick in den Nebel der Hoffnung gestattet, in dem ich die Kreaturen sehen kann, die völlig ohne jegliche Hoffnung in ihren Herzen sind. Mir ist nicht gestattet, jemandem bei seinen Sorgen und Nöten helfen, solange er noch einen Funken Hoffnung in sich trägt. Und dies ist meist der Fall, auch wenn sich vor allem die Menschen doch oft sehr verloren fühlen. Dafür ist jemand anderes zuständig," fügte er mit einem Fingerzeig gen Dach hinzu.
"Und was ist in dem Nebel?" wollte Sammy leise wissen.
"Ich sehe Lebewesen, denen ich helfen kann. Doch leider nur einem einzigen in jedem Jahr. Diese Kreatur wird künftig Freude und Glück erfahren dürfen."
Sie standen einen Moment schweigend und starrten in den Nebel. Plötzlich wurde das Licht hell, weiß, strahlend. Ein warmes Glitzern durchlief den Dunst, und mit einemmal formten sich Häuser, Straßen, Laternen, Bäume - eine Miniaturwelt tat sich auf. Sammys Erstaunen war grenzenlos. Dann konnten sie in einer schäbigen Gasse eine Gestalt erkennen. Der Nebel fokussierte sich auf diese Gestalt, und als sie näher kamen, konnten sie einen Hund ausmachen. Sammy wauzte überrascht.
Was nun geschah, war unglaublich! Es war, als könnten sie in dem dunstigen Schleier einen Film ansehen, einen Film über das Leben dieses Hundes. Sammy war aufgebracht und konnte seine Aufregung nicht verbergen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

hier Deinen Senf dazugeben 😉

Nähere Informationen, welche Daten bei Kommentaren übermittelt werden entnehme bitte unserer ➤ Datenschutzerklärung.

Archiv